Wer waren die Menschen, die der NS-„Euthanasie“ zum Opfer gefallen sind? Man möchte wenigstens ein Stückchen ihrer Biografie kennen, aber von Romuald Baur wissen wir nur, dass er schwer krank und deshalb Ärztinnen und Ärzten, Pflegerinnen und Pflegern in psychiatrischen Kliniken anvertraut war. Von dort, wo man ihn behütet glaubte, ging ein Fragebogen nach Berlin. Dort hat ein Gutachter, der in nie gesehen hat, über sein Schicksal entschieden: Seine Krankenakte erhielt den Vermerk „verlegt“, dann wurde er in einem der berüchtigten Gekrat-Busse abgeholt, nach Grafeneck verbracht und gleich nach seiner Ankunft im Gas erstickt.
Die Gemeinnützige Krankentransportgesellschaft gmbH, kurz Gekrat, unterstand der für die Krankenmorde zuständigen Berliner Zentraldienststelle in der Tiergartenstraße 4, die sich unter der Chiffre T4 versteckte.
10 654 Gasmorde im Jahr 1940, so lautet die Bilanz von Grafeneck. Ausrotten und dem Vergessen anheim geben, hieß das Ziel der NS-Täter. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, steht im Grundgesetz. Romuald Baur ist dieser Würde beraubt und qualvoll ermordet worden. Daran soll sein Stolperstein erinnern, ebenso an die Neigung des Menschen zur Hybris.
© Text: Rainer Redies, Cannstatter Stolperstein-Initiative
© Bild: Anke Redies, Cannstatter Stolperstein-Initiative
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