Cannstatter Stolperstein-Initiative

Max Rothschild: Aus dem Schutz der Familie gerissen

Eine schwere Erkrankung in Kindertagen sollte Max Rothschilds Lebensweg jahrzehntelang bestimmen. Er war nach einer Hirnhautentzündung leicht geistig behindert. So gibt es außer ein paar mündlichen, mehr als ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod gegebenen Hinweisen kaum eine Quelle, aus der sich für seine Vita schöpfen lässt.

Max Rothschild, undatiert nach einer kopierten Vorlage Am 20. April 1872 in der Oberamtsstadt Cannstatt geboren, hatte Max Rothschild zumindest das Glück, einer Familie anzugehören, die über Generationen hinweg engen Zusammenhalt pflegte und ihm ein sorgenfreies Leben sicherte. Bruder Martin Rothschild und Schwester Babette Marx nahmen Max in ihren gemeinsamen Haushalt auf, und im Familienunternehmen, der Mechanischen Gurten- und Bandweberei Gutmann & Marx, fand man kleine Aufgaben wie Botengänge, die Onkel Max erledigen konnte. Dass er nicht alle Aufgaben gleichermaßen schätzte, sondern manche erfindungsreich zu umgehen verstand, sorgte vor allem bei den jungen Familienmitgliedern für nachsichtige Heiterkeit. Bestimmt ist die Annahme berechtigt, dass Max Rothschild vor den ab 1933 in immer schnellerer Folge auf die deutschen Juden eindringenden Bedrohungen so gut als möglich geschützt wurde. Als er jedoch zusammen mit seiner Schwester Babette Marx die vertraute Wohnung in der Cannstatter Seelbergstraße aufgeben musste, ins beengte „Altersheim“ Schloss Dellmensingen zwangsevakuiert und jeder Privatheit beraubt wurde, bekam auch er den Hass der Verfolger unmittelbar zu spüren. Zunächst haben die „Evakuierten“ freilich nicht geahnt, dass ihr „Altersheim“ nur die Vorstufe von viel Schlimmerem war. Schon über siebzig Jahre alt, wurde Max Rothschild am 22. August 1942 zusammen mit Bruder, Schwester und rund 1000 württembergischen Jüdinnen und Juden im Sonderzug Da 505 nach Theresienstadt deportiert, wo er schon zwei Wochen später, am 4. September, starb. Seine Schwester Babette Marx hat ihn um wenig mehr als einen Monat überlebt, sein Bruder Martin um zehn Monate. Wer weiß, ob dieser seinen Geschwistern in ihren letzten Sunden beistehen konnte?
Seelbergstr.7, Stolperstein verlegt am 11. November 2006.

© Text: Rainer Redies, Cannstatter Stolperstein-Initiative
© Bilder: Familie Marx, Anke Redies, Cannstatter Stolpersteininitiative

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